Foto: Beyond (dpa)
Berlin – Früher entstanden Freundschaften fast von selbst: In der Schule und im Studium sind die Gemeinsamkeiten noch groß, und es ergeben sich viele Anknüpfungspunkte.
Anders sieht es in den 30ern aus: Für Jobs sind viele ein paar Mal umgezogen und außer Kollegen ergeben sich kaum neue Kontakte.
Bei Kathy, 34, die in Chemnitz lebt, kam der erste Schnitt, als viele Freunde nach dem Studium aus der Stadt wegzogen. Zwar blieben die Kontakte bestehen – aufgrund der Entfernungen sind gemeinsame Treffen aber bis heute rar. Mit 30 bekam Kathy dann einen Sohn – der zweite Schnitt. «Das Pflegen von Freundschaften hat sich nach der Geburt enorm erschwert», sagt sie. Ihr Kind hatte Priorität. Jetzt traf sie auch jene Freunde seltener, die noch in der Stadt lebten.
Inzwischen geht der Sohn in den Kindergarten. Dort knüpft die junge Mutter zwar neue Kontakte. Die sind allerdings eher praktisch orientiert. «Es wird dabei vor allem geschaut, ob es zwischen den Kindern passt.» Und nicht zwischen den Eltern.
Job und Familie müssen keine Freundschaftsbremsen sein, meint Martin Hecht. Er hat das Buch «Wahre Freunde – Von der hohen Kunst der Freundschaft» geschrieben. «Ich habe selbst einen Sohn, der 13 ist, und durch ihn Eltern anderer Kinder kennengelernt», erzählt Hecht. Ein gemeinsamer Hintergrund helfe, Verbindungen zu anderen Menschen zu entwickeln. Auch Jobs seien ein Kennenlern-Katalysator. «Heutzutage ist dort oft Raum für privaten Austausch.»
Es gibt jedoch auch andere Wege neben Arbeit und Kind, um neue Freunde zu finden. Dabei hilft es, sich an den eigenen Interessen zu orientieren. «Wer gerne Aquarelle malt, könnte einen entsprechenden Malkurs belegen», gibt Hecht ein Beispiel. Dort finden sich sehr wahrscheinlich Menschen mit ähnlichen Interessen: Das sei eine gute Basis für Freundschaften. Denn gemeinsame Erlebnisse sind die Grundlage für ein persönliches Kennenlernen.
Wichtig ist die Fähigkeit, auf Leute zuzugehen. Um einen anderen auf eine Runde Bier einzuladen, braucht es Selbstbewusstsein. Buchautor und Psychologe Wolfgang Krüger ist überzeugt: «Das kann man lernen.» Es sei dafür ratsam, sich selbst klar zu machen, was man einem anderen Menschen mit seiner eigenen Persönlichkeit geben kann.
Verständnis kann helfen, die Freundschaft zu erhalten. Denn Freunde haben eigene Persönlichkeiten – die sich ändern können. So empfindet vielleicht der ehemalige Partylöwe jetzt sein Familienleben als reizvoller, während der frühere Biedermann nun ein getuntes Auto fährt und gerne teuer essen geht. «Verändern sich Freunde, sollte man das akzeptieren und sich darauf einlassen», empfiehlt Hecht.
Johannes, 30, hat eine solche Veränderung an sich selbst erlebt: Seit einem Jahr führt er eine Fernbeziehung. «Meine Freundin kommt an erster Stelle, wenn ich Zeit habe», sagt der Student aus Berlin. Die Folge: Seinen Freunden kann er sich erst widmen, wenn sie nicht in der Stadt ist – oder er nicht zu Besuch bei ihr in Bremen.
Diese Umstände machen die Freundschaftspflege nicht einfach. Doch seine Freunde akzeptieren die Situation, zur Freude von Johannes. Gerade weil seine Freundin nicht alle Interessen teilt – und er ganz gerne mal mit Freunden Fußball schaut und ein Bierchen trinkt.
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