Foto: Silvia Marks (dpa)
Frankfurt – Besonders Läufer sind von den sogenannten Shin Splints betroffen – dem Schienbeinkanten-Syndrom.
«Das ist ein typisches Laufbelastungssyndrom», erklärt Ingo Tusk, Chefarzt der Abteilung Sportorthopädie und Endoprothetik an den Frankfurter Rotkreuz-Kliniken. Mit ein paar medizinischen Handgriffen ist es dann nicht getan. «Diese Patienten sind schwierig zu behandeln, weil es lange dauert, bis die Beschwerden weg sind», sagt Tusk.
Die Patienten sprechen laut Patrik Reize, Ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum Stuttgart, von einem diffusen Druckgefühl am Unterschenkel. Es trete oft an der Innenseite des Schienbeins auf, manchmal auch außen. Der Schmerz kommt zunächst zum Beispiel nach dem Beginn eines Laufes und bleibt bis zum Ende der Belastung. Die Schmerzen können noch mehrere Tage anhalten. Irgendwann muss man deshalb das Training abbrechen.
Der Schmerz ist da, wo der Muskel an der Knochenhaut der Schienbeinkante ansetzt, wie Tusk erklärt. Bei manchen stehe er im Zusammenhang mit dem Fußgewölbe. Dieses wird vom hinteren Schienbeinmuskel, dem Musculus tibialis posterior, aufgespannt. «Wenn das Gewölbe zu flach ist, kann ein Ansatzschmerz am Knochen entstehen, der nur mühsam zu behandeln ist. Denn alles, was knochennah ist, ist schlecht durchblutet. Daher kommt die lange Behandlung.» Doch auch eine sportliche Überbelastung durch zu viel Training oder einen zu geringen Fitnessgrad könne zu einer Entzündung am Ansatz der Muskelsehne am Knochen führen.
Reize nennt daher als Klassiker unter den Betroffenen den schlecht trainierten, vielleicht übergewichtigen, aber ehrgeizigen 40-Jährigen, der nach einer längeren Pause wieder mit dem Laufen beginnt und zu schnell zu viel erreichen will. Die zweite Gruppe seien Extremsportler, die sehr häufig oder sehr lange trainieren.
Wichtig ist, möglichst früh zum Arzt zu gehen, bevor das Syndrom chronisch wird. Genau das aber machen viele nicht, wie Reize sagt. Um eine Verstetigung der Beschwerden zu verhindern, wird zunächst häufig eine Sportpause empfohlen. Aber das fällt besonders Menschen schwer, die gerade den Sport (wieder-) entdeckt haben, wie Reize betont. Die Behandlung dauert in aller Regel bis zu sechs Wochen.
Zudem sollte überprüft werden, ob der Patient in den richtigen Schuhen läuft. Patrick Befeldt von der Deutschen Fitnesslehrer Vereinigung (DFLV) rät zusätzlich dazu, die Muskulatur am Sprunggelenk zu trainieren, um die Füße zu stabilisieren. Auch Dehnungsübungen sind wichtig, um die Wade beweglich zu halten. «Und generell würde ich es begrüßen, wenn Läufer vorbeugend ein begleitendes Kraft- und Koordinationstraining machen.»
Das Schwierigste sei jedoch, die Leute auszubremsen, erklärt Befeldt. «Denn ganz entscheidend ist: Es muss ausheilen.» Das Laufen sollte man also erst einmal sein lassen – das scheitert aber manchmal am Ehrgeiz.
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