Berlin – Egal ob Joggen, Fußball, Tennis oder Kraftsport: Vor dem Sport ist das Aufwärmen wichtiger als das Dehnen. Dazu genügt es meist, die sportarttypische Bewegung langsam und mit geringer Intensität auszuführen. «Wenn Sie also Joggen wollen, laufen Sie die ersten fünf Minuten einfach ruhiger. Das reicht schon als Verletzungsschutz», sagt Prof. Ingo Froböse. Er ist vom Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation der Deutschen Sporthochschule Köln.

Lange Zeit sahen Sportwissenschaftler und Trainer im Dehnen eine leistungssteigernde Allzweckwaffe. Es beugt Verletzungen vor und schützt vor Muskelkater, hieß es. Doch wissenschaftliche Studien belegen weder eindeutig einen Verletzungsschutz noch eine Verhinderung von Muskelkater. «Es gibt Sportarten, bei denen das Dehnen vorher sogar kontraproduktiv sein kann», sagt Froböse. Etwa bei Fußball oder anderen Aktivitäten, bei denen Schnellkraft gefragt ist. Auch bei Maximalbelastungen sei der gedehnte Muskel eher geschwächt.

Jürgen Freiwald, der den Arbeitsbereich Bewegungswissenschaft an der Universität Wuppertal leitet, sieht das etwas gelassener. Freizeitsportler, die sich nach dem Dehnen besser fühlen, sollten ruhig weiter dehnen. «Mit Dehnen vor dem Sport büße ich zwei bis fünf Prozent meiner maximalen Leistung ein. Dieser Leistungsbereich ist für Freizeitsportler irrelevant». Gerade älteren Leuten und Stressgeplagten legt er das Dehnen ans Herz: «Dehnen kann beweglicher machen oder die Beweglichkeit erhalten».

Die Sportwissenschaftler bevorzugen das flexible, dynamische Dehnen als Vorbereitung auf den Sport im Rahmen des Aufwärmens. Für Leistungssportler und für Überbewegliche sieht Freiwald das Dehnen kritisch: «Bereits überbewegliche Sportler werden damit anfälliger für Verletzungen», erklärt er. Wer beim Gehen öfter umknickt und noch leichte X-Beine hat, sollte nicht unbedingt dehnen.

Für Turnen, Hürdenlauf, Delfinschwimmen oder Rhythmische Sportgymnastik halten die Sportwissenschaftler Dehnen im Rahmen des Aufwärmens für angebracht. Das gilt auch für Kampfsport wie Karate und Taekwondo und für Hürdenlauf oder Ballett.

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