Berlin – Manch einer hat den Begriff noch nie gehört. Die meisten, die ihn kennen, grinsen erst einmal: Heileurythmie.
Sprache und Musik in Bewegung umsetzen. Übersetzt heißt Heileurythmie gute oder harmonische Bewegung. Heileurythmie ist eine künstlerische Bewegungstherapie. Sie gehört zu den Behandlungsmethoden der Anthroposophischen Medizin, die sich als eine Ergänzung zur herkömmlichen Medizin sieht.
Bei der Heileurythmie werden Bewegungen mit Sprache und Musik – ihren Klangfarben, ihren Dynamiken und ihren Rhythmen – verbunden. «Jeder Vokal, jeder Konsonant oder Ton hat eine eigene Laut-, Sprach- oder Tongebärde, die in Bewegung umgesetzt wird», erläutert Eva Bader vom Berufsverband Heileurythmie.
Abhängig vom Krankheitsbild wird ein Therapieplan erstellt. Die Heileurythmie wird sowohl ambulant als auch stationär angewandt – unter Anleitung von ausgebildeten Therapeuten. Heileurythmie kann im Stehen, im Sitzen oder auch im Liegen erlernt und ausgeübt werden.
«Heileurythmie ist kein Allheilmittel, sondern eine Ergänzung zur herkömmlichen Medizin», betont Stefan Schmidt-Troschke vom Bürger- und Patientenverband Gesundheit Aktiv – Anthroposophische Heilkunst. Natascha Hövener, Sprecherin beim Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland, verweist darauf, dass die Heileurythmie bei einem schweren Krankheitsbild niemals alternativ zu einer ärztlichen Behandlung eingesetzt wird.
«Heileurythmie kann helfen, einen individuell passenden Rhythmus zwischen Tag und Nacht oder Anspannung und Entspannung zu finden und Achtsamkeit sich selbst gegenüber zu entwickeln», sagt die Berliner Heileurythmistin Kim Pretzer. Heileurythmie hilft etwa bei Depression, Migräne, Bluthochdruck, Asthma oder Darmerkrankungen. «Auch in der ergänzenden Begleitung einer Krebstherapie kann Heileurythmie dazu beitragen, dass der Erkrankte zu neuer Lebensenergie kommt», erklärt Schmidt-Troschke.
Wenn der Patient nicht aktiv mitarbeitet, kann die Behandlung nicht erfolgreich sein. Gerade chronisch erkrankte Menschen erlebten dadurch, dass sie nicht nur behandelt werden, sondern selbst aktiv werden. Aber: «Bei fieberhaften Erkrankungen und bei akuten Psychosen sollte die Heileurythmie nicht eingesetzt werden», erklärt Bader.
Bei der internationalen AMOS-Studie (Anthroposophic Medicine Outcomes Study) wurde auch die Heileurythmie wissenschaftlich untersucht. Mehr als 400 Patienten aus 94 anthroposophischen Arztpraxen in Deutschland erhielten wegen verschiedener chronischer Erkrankungen Heileurythmie. Nach den Ergebnissen dieser Studie verbesserten sich die Krankheitsbeschwerden sowie die Lebensqualität.
Allerdings gehört die Heileurythmie nicht zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, da ihre Wirkung nicht hinreichend genug wissenschaftlich erwiesen ist. Einige Kassen zahlen freiwillig.