Tipps für heiße Sommertage - veränderte Insulinwirkung beachten und Utensilien gut schützen
Berlin – Der Klimawandel steht in direktem Zusammenhang mit der Zunahme von Hitzewellen und extremen Hitzeereignissen. Immer wieder steigen die Temperaturen über 30 Grad. Das bedeutet eine starke Belastung für Herz und Kreislauf. Insbesondere Menschen mit chronischen Erkrankungen wie einem Diabetes mellitus sollten an solchen Tagen in besonderem Maße auf Hitzeschutz achten.

Der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD) rät anlässlich der auch für diese Woche angekündigten Extremtemperaturen Betroffenen zur erhöhten Vorsicht: Insulin und Hilfsmittel wie Blutzuckermessgeräte, Glukosesensoren und Insulinpumpen können bei hohen Temperaturen unzuverlässig funktionieren. Eine Expertin gibt wichtige Tipps, wie Betroffene gut durch die Sommerhitze kommen.

„Menschen mit Diabetes mellitus sollten an heißen Tagen besonders aufmerksam sein, da sie ein erhöhtes Risiko für hitzebedingte Komplikationen haben – insbesondere, wenn zusätzlich Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems vorliegen“, sagt Theresia Schoppe, stellvertretende Vorsitzende des VDBD und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft „Diabetes, Umwelt & Klima“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Beispielsweise kann eine Polyneuropathie die Adaptation der Gefäßweite, welche für die Temperaturregulation unerlässlich ist, stören. Außerdem haben viele Menschen mit Diabetes eine schlechtere Durchblutung des Herzens. Gepaart mit einem Flüssigkeitsverlust kann dies zu einem Blutdruckabfall und Kreislaufkollaps führen. „Besprechen Sie daher vor Hitzeperioden unbedingt mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, ob und wie Entwässerungstabletten oder Blutdrucksenker eingenommen werden sollen“, rät Schoppe.

Insulin wirkt an heißen Tagen mitunter schneller

Eine besondere Problematik bei Hitze ist nicht nur ein hoher, sondern auch ein zu niedriger Blutzuckerwert. Insulin kann nach der Injektion deutlich schneller wirken, da die Haut zur Wärmeabgabe stärker durchblutet wird. Damit besteht die Gefahr von Unterzuckerungen. Symptome einer Unterzuckerung können mit solchen der Hitze (z.B. Schwitzen, Erschöpfung) verwechselt werden, was gefährlich werden kann. Daher empfiehlt Schoppe, den Blutzucker bei hohen Temperaturen häufiger zu kontrollieren beziehungsweise regelmäßig die Glukose-Sensorwerte anzusehen – insbesondere vor, während und nach körperlicher Betätigung.

Körperliche Aktivitäten: auf Unterzuckerungen achten

Auch beim Schwimmen besteht das Risiko, Unterzuckerungen leicht zu übersehen oder falsch zu interpretieren. „Zeichen einer Unterzuckerung kann auch Zittern sein, was in diesem Kontext einer Unterkühlung zugeschrieben werden kann“, erklärt Schoppe. „Wenn Sie einen Ausflug ans Meer, einen See oder ins Schwimmbad machen, sollten Sie öfter als üblich den Glukosespiegel überprüfen und gegebenenfalls die Insulinmenge anpassen“, rät Schoppe. Es ist wichtig, die Hände vor der Messung gründlich abzutrocknen, da Wasser das Messergebnis beeinflussen kann. Im Falle einer leichten Unterzuckerung empfehlen sich schnelle Kohlenhydrate, wie beispielsweise Traubenzucker und bei einer schweren Unterzuckerung die Applikation von Glukagon (z.B. als Nasenspray). Im Rahmen von körperlicher Anstrengung sollten schnellwirksame Kohlenhydrate zur besseren Wirkung in flüssiger Form konsumiert werden.

Sonnenschutz auch für das Insulin und Technik

Die Diabetesberaterin macht außerdem darauf aufmerksam, dass auch das Insulin vor der Hitze geschützt werden muss. „Insulin muss bei Temperaturen zwischen 2°C und 8°C gelagert werden, da ansonsten seine Wirkung herabgesetzt sein kann“, so Schoppe. Der in Gebrauch befindliche Pen kann bis zu 30°C aushalten, sollte aber nicht der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sein, um einen Wirkverlust zu vermeiden. Die gleiche Sorgfalt gelte auch für CGM-Sensoren, Blutzuckermessgeräte und -teststreifen sowie Insulinpumpen. Schoppe: „Verwenden Sie kein Insulin, das ausgeflockt ist oder eine bräunliche Färbung aufweist“. In der Praxis haben sich spezielle Boxen oder Taschen zur Aufbewahrung von Insulin und dem Diabetesbedarf bewährt. Diese halten die Utensilien auch unterwegs im richtigen Temperaturbereich, ohne dass Strom oder Kühlelemente benötigt werden. Wem keine solchen Boxen oder Taschen zur Verfügung stehen, kann auch eine Isolierflasche verwenden. „Zu tief gekühlt können die Utensilien allerdings an Messgenauigkeit einbüßen und Insulin kann in seiner Wirkung geschädigt werden, daher sollten diese Taschen unbedingt ohne Kühl-Akkus verwendet werden“, ergänzt Schoppe.

Viel Trinken ist das A und O

Ein weiteres wichtiges Thema bei Hitze ist ausreichende Flüssigkeitszunahme. „Bei einer zu geringen Flüssigkeitszufuhr steigen die Blutzuckerwerte. Mehr Zucker wird über den Urin ausgeschieden und noch mehr Flüssigkeitsbedarf entsteht“, erklärt Schoppe. Eine schlechte Blutzuckereinstellung verstärkt diese Effekte und kann den Wasserhaushalt stören, was zu Stoffwechselentgleisungen und Organschäden führen kann. „Viel trinken“, rät Schoppe und empfiehlt Leitungswasser, Mineralwasser, ungesüßte Kräuter- und Früchtetees oder Saftschorlen aus Fruchtsaft und Wasser (zum Beispiel 1 Teil Saft, 3 Teile Wasser) als Durstlöscher. „Als Faustregel sollten Erwachsene mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich nehmen, bei starkem Schwitzen deutlich mehr. Die Zugabe einer Scheibe Zitrone, etwas frischem Ingwer oder frischer Pfefferminze kann das Wasser geschmacklich abrunden und bietet sogar noch nützliche Mikronährstoffe. „Vermeiden Sie alkoholische Getränke, da diese den Wasserhaushalt und die Blutzuckerregulation stören können.“

Allgemein empfiehlt Schoppe: „Sprechen Sie Ihr Diabetesteam auf Tipps zum Diabetesmanagement und bei Unsicherheiten zur Dosisanpassung von Insulin im Rahmen einer Hitzewelle an. Tragen Sie lockere, leichte und helle Kleidung, verwenden Sie einen Sonnenschutz und gehen Sie nicht barfuß, insbesondere bei Nervenfunktionsstörungen.“

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